Flexible Zeitmodelle

Eine gewisse Selbstbestimmung bei den Arbeitszeiten hilft den Beschäftigten, Erwerb und Familie besser aneinander vorbei zu schaukeln. Es gibt zahlreiche Situationen, in denen Eltern eine gewisse Flexibilität sehr schätzen: Bringen und Abholen der Kinder in familienergänzende Betreuung oder Schule, Kochen des Mittagessens, kurzfristiges Ausfallen der Schule etc. Die betriebliche Praxis hat gezeigt, dass flexible Arbeitszeiten eine der effektivsten Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit sind.

Gleitzeiten

Nicht in allen Betrieben und Branchen ist wichtig, dass alle um die gleiche Zeit mit der Arbeit anfangen und aufhören. Bei Gleitzeit können Mitarbeitende ihr tägliches Stundenpensum innerhalb eines bestimmten Zeitfensters flexibel einteilen. Je breiter dieser Gleitzeitkorridor, desto flexibler können sie ihre Arbeitszeit mit Familienpflichten vereinbaren. Wenn gesichert sein muss, dass zu bestimmten Zeiten alle im Betrieb anwesend sind, können Kernzeiten festgelegt werden. Bei der Einführung von Gleitzeit sind folgende Punkte zu entscheiden und festzuhalten:

  • Kernzeit: Festlegung von Lage und Dauer (z.B. von 9–11 und 14–16 Uhr)
  • Gleitzeitkorridore: frühest möglicher Beginn und spätest mögliches Ende, eine Mindest-Mittagspause von einer halben Stunde ist vorgeschrieben (sog. SUVA-Pause; zu beachten ist auch, dass gemäss Arbeitsgesetz, Art. 36, Arbeitnehmenden mit Familienpflichten auf ihr Verlangen eine Mittagspause von wenigstens anderthalb Stunden zu gewähren ist)
  • Abrechnungsperiode: wöchentlich, monatlich oder jährlich
  • Bandbreite für Plus- und Minus-Stunden

Ein Beispiel aus der KMU-Welt: Dieses Arbeitsmodell in der Schöb AG in allen Abteilungen unterschiedlich gelebt. An den heissen Sommertagen startet die Produktion des Holzbaus beispielsweise bereits um 4 Uhr morgens, beendet ihre Tätigkeit aber dafür schon kurz nach der Mittagspause. Die Büroarbeitsplätze sind grundsätzlich frei in der Einteilung ihrer Arbeitszeit. Auf der Montage versuchen wir an den besonders heissen oder kalten Tagen die Arbeitseinsätze so zu planen, dass die Mitarbeiter den extremen Temperaturschwankungen ausweichen können oder sie zumindest die Arbeiten im Aussenbereich der Holzbauprojekte nicht zur heissesten oder kältesten Tageszeit verrichten müssen.

«Es wird von den Teams jedoch gefordert, dass während den kommunizierten Geschäftszeiten jemand in der Abteilung erreichbar ist.» Christine Egger-Schöb, Co-Geschäftsführerin Schöb AG 

Jahresarbeitszeit

In einem Jahresarbeitszeit-Modell werden die Soll-Stunden anstatt auf Wochen- oder Monatsbasis nur auf ein ganzes Jahr hinaus festgelegt. Dies ist bei Vollzeit- wie bei Teilzeitangestellten möglich. Die Erwerbsarbeit lässt sich so ungleich auf einzelne Monate und Wochen verteilen. Das verschafft zum Beispiel Beschäftigten mit Kindern grössere Freiheiten als Gleitzeit. So kann man sich an die Schulferien anpassen. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Belastungsspitzen ebenfalls familienverträglich ausgestaltet sind, die Belastungszeiten aber auch effektiv abgedeckt werden können.

Bei der Einführung von Jahresarbeitszeit empfiehlt es sich, die gegenseitigen Bedürfnisse und Spielräume von Betrieb und Beschäftigten abzuklären: Wie viele Leute braucht es im Betrieb, in einer Abteilung oder einem Team in welcher Zeiteinheit (Woche oder Monat)? Wie viel möchten die Mitarbeitenden wann arbeiten? Wie passen die zwei Seiten aufeinander? Und welche Kompromisse können sonst ausgehandelt werden? Folgende Punkte müssen geregelt werden:

  • Geltungsbereich: Ganzer Betrieb, bestimmte Abteilung oder Team? Alle oder einzelne Beschäftigte?
  • Jahres-Soll-Stundenzahl für Vollzeitbeschäftigte: Bei Teilzeitarbeit wird diese Stundenzahl anteilmässig gekürzt.
  • Spielraum der Flexibilisierung: Wie sind die oberen und unteren Belastungsgrenzen pro Zeiteinheit festgelegt (ohne eine obere Grenze ist das Wahrnehmen von Familienpflichten nicht mehr möglich)? Wie viel oder wenig darf jemand freiwillig arbeiten? Wann kann jemand vom Betrieb seltener aufgeboten beziehungsweise länger als im Jahresmittel eingesetzt werden?
  • Fristen der Einsatzplanung: Wie lange im Voraus werden die konkreten Arbeitszeiten jeweils festgelegt? Für Personen mit Familienpflichten ist ein längerer Planungshorizont wichtig.

Unter dem Jahr ist wichtig, die Arbeitszeiten im Auge zu behalten. Plusund Minus-Stunden stehen üblicherweise auf dem Lohnabrechnungsblatt. Vorgesetzte wie Beschäftigte müssen rechtzeitig reagieren, wenn der Saldo per Ende Jahr nicht aufzugehen scheint, damit allenfalls neue Abmachungen getroffen werden können.

 

Kurzabwesenheiten

Die Möglichkeit, zwischendurch kurz wegbleiben zu können, ist eine einfache und wirkungsvolle Hilfe, um private Aufgaben und unvorhersehbare Termine besser zu bewältigen. Ein Kind kann etwa von der Schule geholt und zur Grossmutter gebracht werden. Selbstverständlich muss der Betrieb in dieser Zeit weiterlaufen. Werden Kurzabwesenheiten mit Kolleginnen und Kollegen abgesprochen, leidet die Arbeit nicht darunter. Die verpasste Zeit ist später nachzuholen.

Veränderung des Beschäftigungsgrades

Ganz generell ist es für Beschäftigte mit Familienpflichten dienlich, wenn sie je nach Lebensphase im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten das Erwerbspensum zu einem gewissen Grad senken und wieder erhöhen können. Viele Betriebe versehen die grundsätzliche Wahlmöglichkeit mit einer Bandbreite. Für eine gewisse Funktion mit Verantwortung und Kundschaftskontakt zum Beispiel gelten 60 Prozent als Minimum. Das jährliche Mitarbeitendengespräch kann der Ort sein, das Pensum regelmässig neu auszuhandeln. Oder es wird den Beschäftigten die Möglichkeit gewährt, unter Einhaltung einer gewissen Frist (z.B. einem halben Jahr) das Pensum anzupassen, wenn immer dies betrieblich möglich ist.

Verkürzte, verlängerte und verschobene Tagesarbeitszeiten

Oft reicht schon eine Verkürzung, Verlängerung oder Verschiebung der Tagesarbeitszeiten aus, um die Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten zu verbessern. Die verschiedenen Möglichkeiten sind:

  • Verkürzte Arbeitstage: Sie sind meist mit Teilzeitarbeit kombiniert. Die reduzierte Stundenzahl hilft, sich dem Tagesrhythmus der Familie anzupassen: Kinder können in den Kindergarten oder die Schule geschickt, in die Krippe gebracht und wieder in Empfang genommen, oder die Angehörigenpflege kann wahrgenommen werden. So bleibt auch Zeit, Kindern bei den Aufgaben zu helfen.
  • Verlängerte Arbeitstage: Hier wird die vereinbarte Wochenarbeitszeit auf weniger Tage verteilt. Wenn jemand 10 anstatt 8 Stunden pro Tag arbeitet, kann etwa ein 50-Prozent-Pensum in zwei Tagen oder ein 100-Prozent-Pensum in vier Tagen erledigt werden. Derart komprimierte Stunden helfen Eltern, sich bei der Betreuung ihrer Kinder abzulösen. Betriebe können damit ihre Ansprechzeiten für die Kundschaft ausdehnen.
  • Schichtsysteme: Schichtarbeit kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren, je nach konkreten Umständen aber auch erleichtern. Wer am frühen Morgen seine Schicht beginnt, ist ab Mitte Nachmittag für die Kinder da. Das Umgekehrte gilt für Abendschichten, die attraktiv sein können, wenn kleine Kinder am Morgen zu Hause sind. Beliebt sind oft auch Halbtagesschichten am Morgen, am Nachmittag oder in den Abend hinein. Wichtig ist für Beschäftigte mit Familienpflichten, dass ihre Bedürfnisse bei der Planung berücksichtigt werden. Dazu gehört meist eine gewisse Konstanz des Schichtarrangements.
  • Gestaffelte Arbeitszeiten: Wenn die Mitarbeitenden den Arbeitstag zu versetzten Zeitpunkten beginnen und beenden, haben Eltern die Möglichkeit, morgens ihre Kinder vor der Schule zu betreuen oder abends früher wieder für sie da zu sein. Der Betrieb kann längere Öffnungs- und Servicezeiten anbieten, indem er den Arbeitstag zunächst mit einer ausgedünnten Besetzung beginnt, in der Zeit der vollen Belastung die komplette Besetzungsstärke erreicht und gegen Ende des Tages die Betriebsbereitschaft gestaffelt auslaufen lässt.

Zusätzliche Ferien erarbeiten

Den Mitarbeitenden wird ermöglich, sich bis zu einem festgelegten Pensum zusätzliche Ferien zu erarbeiten. Der Bezug dieser zusätzlich erarbeiteten Ferien muss geplant erfolgen und sollte saisonalen Schwankungen beim Arbeitgeber mitberücksichtigen.